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19. März 2018

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Vorstellungs-Interview Dr. Dieter Schmitz

Vorstellungs-Interview mit dem neuen Leiter Marketing und Vertrieb Dr. Dieter Schmitz der Sportfreunde Siegen:

1. Sie haben sich der Herausforderung gestellt, dass Marketing der Sportfreunde Siegen neu auszurichten. Was war Ihr Anstoß?

Das war einerseits emotional begründet und zwar in meiner Teilnahme an der Mitgliederversammlung im November 2017 und dort besonders durch die sehr anrührende Rede zu Ehren eines Mitglieds, der den Verein seit über 50 Jahren als Spieler und auch heute noch als Mitglied aktiv begleitet. Seine spontanen aber zugleich vor allem auch emotionalen Erzählungen anlässlich seiner Ehrung zur Vereinshistorie und die vielen persönlichen Erlebnisse, die ein Leuchten in seine Augen zauberten, haben mich emotional sehr und nachhaltig berührt. Das war echte, glaubhafte und gelebte Leidenschaft! Er ist ein Mensch mit Überzeugungen und Geschichte und auch ein Vorbild an Charakter und Loyalität.

Zudem befindet sich der Verein in einer schwierigen Übergangsphase und mein Sohn, der in der U11 spielt, soll in allen Belangen eine solide Zukunft vor sich haben. Dazu möchte ich auch bei den Sportfreunden meinen Beitrag erbringen. Denn der Verein leistet ja schon über Jahrzehnte im Jugendbereich Überragendes in der Region und kann dabei auch besonders auf ehrenamtliche Unterstützung, insbesondere aus den eigenen Reihen, bauen. Ein Engagement für die Jugend und junge Talente ist zudem immer ein ehrenhaftes Motiv und für sich genommen schon genug Motivation.

Ich beschäftige mich zudem beruflich als Unternehmensberater und geschäftsführender Unternehmer oft selbst und sehr gerne mit „neuen und schwierigen Situationen“ und bringe auch eine eigene langjährige Erfahrung in führenden Positionen in Marketing und Vertrieb mit, was mir hilft Dinge schnell zu analysieren und gemeinsam mit anderen Menschen geeignete Lösungen zu finden. Dabei ist mir der operative Teil, also auch Sponsoren persönlich aufzusuchen und im Dialog zu stehen, sehr wichtig. Durch meinen Beruf bin ich gewohnt mit Eigentümern, Geschäftsführern und leitendem Management zu reden und kann dadurch die Denkweise und Motivation des Gegenübers sehr gut verstehen und antizipieren. Dabei reizt mich die Verknüpfung von Sport und Industrie unter dem Aspekt Jugend, Bildung, Leistung besonders und auch die Erschaffung neuer Angebote für Partner und Unterstützer.

Der Impuls kam dann endgültig, als in der Mitgliederversammlung die Vorstandsvakanz im Marketing und Vertrieb vorgestellt und das Profil näher beschrieben wurde. Da dachte ich sofort: „Komisch, die sprechen doch gerade von Dir...“ - danach ging alles schnell, ein Gespräch zur Qualifikation und Motivation mit dem Insolvenzverwalter Dr. Christoph Niering und dem Vorsitzenden Roland Schöler und eine Woche später war ich schon mitten im Getümmel.

Wichtig ist mir besonders meinen Beitrag an einem für die gesamte Region wichtigen Siegerländer Traditionsverein zu leisten, denn die Pflege, Erhalt und Mitarbeit am Fortbestehen von Tradition liefert für sich und andere einen moralischen und emotionalen Mehrwert.


2. Erzählen Sie uns kurz etwas mehr über sich? Woher kommt der Bezug zu den Sportfreunden?

Die Sportfreunde Siegen sind seit meiner frühesten Kindheit als „Kind des Siegerlands“ eine feststehende und bedeutende Größe, Helmut Kasprzik mehr oder weniger Nachbar und sein Bruder u.a. mein „Bolzfreund“. Mit meinem Vater und Bruder bin ich oft im Leimbachstadion Zuschauer gewesen, habe dort tolle Spiele und die besondere Stimmung eines „richtigen Fußballstadions" kennen und lieben gelernt. Auch in Zeiten meines Studiums in Siegen war ich auf der Gegengerade und Tribüne im Leimbachtal gerne Gast und habe einige Auf- und Abstiege erleben müssen, aber auch den Aufstieg in Liga 2 und das nie vergessene Spiel 3:0 gegen Bochum mit über 18000 Zuschauern und zwei Mal Til Bettenstaedt auf der Anzeigentafel.

Da war dann auch das erste Mal meine Frau mit im Leimbachstadion und obwohl wir da noch kinderlos waren, war dies wohl die Geburtsstunde einer echten Fußballmutti. Jetzt steht Sie bei jeder Trainingseinheit des Sohnes mit auf dem Platz, verkauft Kuchen bei Heimspielen und auch meine Tochter beginnt mit ihren 7 Jahren Interesse für den Verein und Fußball zu entwickeln. Das Ganze entwickelt sich also zu einem familiären Virus.

Dies liegt vor allem aber auch an dem tollen Umfeld, was uns als Mitglieder und Spielereltern super aufgenommen und ganz schnell integriert hat. Ich habe hier in ganz kurzer Zeit nicht nur tolle Leute, sondern auch sehr schnell zuverlässige und wertvolle Freunde gefunden - aus Sportfreunden sind hier also echte Freunde geworden.

Das war und ist ein ebenso wichtiger Motor meines Engagements, denn man muss sich ja wohlfühlen, gemeinsam lachen, gemeinsame Ziele verfolgen. Davon, vor allem dem Training des Zwerchfells, gibt es reichlich, wir lachen hier alle gerne und ausgiebig und das zeugt von einer sehr guten menschlichen Basis.


3. Haben Sie selbst aktiv Fußball gespielt?

Als Kind der 70er und den damaligen goldenen Zeiten in der Bundesliga und der damit verbundenen Sozialisierung durch den älteren Bruder und „die Straße“ hatte ich ja keine andere Wahl. Wir waren nach der Schule alle erst auf der Straße, dann auf dem Bolzplatz bis zum Sonnenuntergang – oder bis uns die Eltern wenig amüsiert abholten - und sobald man die ersten Fußballschuhe geschenkt bekommen hatte, war man im Verein angemeldet und hat sich auf den Ascheplätzen der Region die Beine zerschunden. Spielen mit allen Altersgruppen auf den Bolzplätzen war etwas, was ich gerne und ausgiebig gemacht habe, trainiert habe ich auch immer gerne, da ich auch der Leichtathletik, dem Kampfsport und dem Kunstturnen zugewendet war und gelaufen bin ich eigentlich auch immer gerne, was in den letzten Jahren aber etwas eingeschlafen ist und verbesserungswürdig wäre. So war es, bedingt durch die Weichenstellung meines damaligen Nachbars und Idols Helmut Kasprzik beim Garagenbolzen öfter den linken Fuß zu nutzen, folgerichtig und klar, dass ich im linken Mittelfeld mein Heil gefunden hatte. Neben der Zeit in der Jugend beim SV Dreis-Tiefenbach und SV Netphen, mit dem ich in der A-Jugend bis in die Landesliga aufsteigen durfte, habe ich danach noch in Kaan-Marienborn (damals noch TUS) und ein paar anderen regionalen Vereinen in der Bezirksliga gespielt. Mein Fokus galt dann aber dem Studium und anderen Themen, so dass ich mit Mitte 20 aufgehört habe und von größeren Verletzungen zum Glück eigentlich immer verschont war. Erst nach der Promotion und der ersten beruflichen Station außerhalb von Siegen habe ich in Breinig (bei Aachen) auf einer traumhaften Rasenanlage des regionalen DFB-Patrons Egidius Braun Altherrenfussball gespielt, eine tolle Zeit mit dem einen oder anderen Alemannia Altherren und Fußballfreunden, die mehr auf zielgenaues Passspiel als auf Laufstrecken wertgelegt hatten, was mir sehr entgegenkam, da die Kondition mit Anfang 30 irgendwie dann doch nicht mehr da war.


4. Was war früher im Marketing gut? Was war aber aus Ihrer Sicht auch gar nicht in Ordnung?

Sofern sich das auf das Marketing des Vereins bezieht, denke ich das die Sportfreunde bedingt durch ihre lange Tradition und auch personelle Ausstattung der letzten Jahre hier in der Region auf umfangreiche Erfahrungen zurückgreifen können. Der Internet- und Social Media Bereich bspw. ist exzellent ausgebaut und durch die qualifizierten Mitarbeiter, Funktionsträger und fachlichen Unterstützer im Ehrenamt nicht umsonst zuletzt in einer unabhängigen, wissenschaftlichen Analyse eines Sportmanagementlehrstuhls auf Platz 1 gekommen. Die Reichweite in den sozialen Medien ist unangefochten in Siegerland-Wittgenstein und somit auch weit darüber hinaus für industrielle Partner und Sponsoren sehr attraktiv.

Mit dem fachlichen Know How unserer „Ehrenämtler“, Studenten, vor allem auch Sportmanagementabsolventen und auch sonst viel fachlicher Expertise wird der Verein in diesen Tagen noch besser auf die geänderten Anforderungen im B2B und B2C ausgerichtet und entwickelt sich dort exzellent. In einem sehr umfangreichen Business Plan haben wir nach Analyse des Umfelds, Reorganisations- und Wachstumspfaden besonders nach innovativen Ideen und einem Mehrwertkonzept mit reichhaltigen Win-win-Situationen für unsere Freunde und Unterstützer Ausschau gehalten.

Viele Aktive im Umfeld des Vereins sollen und wollen sich zudem mehr einbringen und der Verein öffnet sich immer mehr für die Idee einer „atmenden Organisation“, die alle einbezieht: Fans, Eltern, Freunde, Sponsoren, bis hin zu Politik und regionalem Management der Kommunen, da Sportfreunde Siegen als Traditionsverein mit Stadtnamen im Vereinsnamen eine bedeutende überregionale Marke für Siegen-Wittgenstein ist, die im ganzen Bundesgebiet bekannt ist. Für seine Einwohner sind die Sportfreunde daher genauso wichtig wie für die Unternehmen, auch speziell als sog. weicher Wirtschaftsfaktor.

Was wir ändern und weiter optimieren müssen, ist eine auch auf Innovationskraft ausgerichtete Markenbildung und vor allem auch das Rückgewinnen von Vertrauen, dem wichtigsten Treibstoff einer guten Marke.

Sportfreunde Siegen steht für Tradition, Leidenschaft, Exzellenz (bspw. Jugendarbeit) und echtem Stadionflair im Siegerland und das wollen wir auch vermitteln und mit Freunden, Fans und Unterstützern gemeinsam er- und vorleben. Auch hier ist Zeit ein wichtiger Faktor, ebenso wie ein nicht überkritisches, geduldiges und zuweilen auch kein einforderndes Umfeld, sondern Vertrauen und Zeit für einen soliden Aufbau. Da wird es natürlich auch noch Rückschritte, Lernprozesse und Misserfolge geben, aber das gerade ist ja das sportliche Prinzip. Daran reift man. Das macht den Wettbewerb aus. Wenn man also in Ruhe auf ein solides Fundament baut, dann braucht das Zeit zum Trocknen um die zu erwartende Last und Gestaltungsräume zu tragen. Geld allein ist dabei für sich allein genommen kein Fundament, sondern eher viele Schultern und die Substanz der Unterstützung.

Ich bin bei meinem Engagement stets positiv denkend und handelnd. Ich schaue dabei auch ehrgeizig und zielsicher nach vorne und nur selten nach hinten. Deswegen kann ich mit den noch immer teilweise artikulierten, negativen Attributen der Sportfreunde-Historie im Umfeld wenig anfangen und finde die dadurch zum Ausdruck gebrachte „Rückwärtsgewandtheit" in einer Zeit, in der sich Zukunft immer mehr als gemeinsame Chance und Wandel begreifen lassen muss, schlicht unangepasst und manchmal auch nur destruktiv.
 
Mir fällt es daher sehr schwer nörgelnden oder besserwisserischen Menschen offen entgegen zu treten, wenn ich nicht erkennen kann, was deren Ziel ist, außer sich im Spott über die Arbeit und Leistungen anderer zu erheben ohne einen eigenen konstruktiven Beitrag dabei zu leisten.

Hier wünschte ich mir konstruktive und ergebnisorientierte Dialoge, oder erst mal die Bereitschaft dazu und aktive Mitarbeit, Gestaltungswille und persönlicher Einsatz, denn jeder kann einen Beitrag leisten, dass das Schiff in die richtige Richtung und einem sicheren Hafen am Ende gelenkt wird. So verstehe ich Gemeinschaft und Gemeinwohl. Dabei sollte man m.E. auch realistischer mit erreichbaren Zielen und deren notwendigen Zeiträumen umgehen. Das ist in Unternehmen die sich neu aufstellen auch nicht über Nacht zu schaffen und verlangt aufbauende und fördernde Umfelder. Da sehe ich das Siegener Umfeld in Form seiner Zuschauer und Unternehmer auch in einer „Pflicht“ bzw. Wille der Mitarbeit, um ihren Beitrag zu leisten. Dass die Region viele Dinge besonders gut kann, beweist die Wirtschaftsleistung: Nummer 1 in NRW, Nummer 3 in Deutschland. Darauf darf man, darauf muss man stolz sein, und im Sport wollen wir das doch auch wie jede andere Region in Deutschland und auf der Welt.

Es wäre schön, wenn wir das gemeinsam auch im Fußball erreichen könnten, sicher nicht was die Platzierung in NRW und Deutschland betrifft, aber das Abrufen des kollektiven Potentials und die Willenskraft der Region, seiner Bewohner und unserer erfolgreichen Unternehmer.


5. Wo sehen Sie die Potenziale für die Zukunft? Welche ersten Erfolge, bspw. in der Sponsorenansprache, konnten schon erzielt werden?

Mir bzw. uns ist es sehr wichtig, das wir einerseits zukünftig vor allem sehr gut organisiert, strukturiert, geplant und dabei dann stets zielgerichtet vorgehen. Dabei sollten wir keine Angst vor realistischer Bewertung und Anpassung haben und ein offenes Ohr für gute Ideen. Dazu wollen wir vor allem selbst nicht erst lange Ideen und Projekte ankündigen, sondern als gut befundene Ideen schnell und erfolgreich umsetzen und erst vorleisten und liefern.

So wie zuletzt bspw. School und Play, als innovative Fortbildungs- und Stellenbörse oder auch ein neues Sponsorenangebot, welches auch kleinen Unternehmen die Möglichkeit bietet uns zu unterstützen und dabei zugleich auf unsere neuen Angebote im Bereich Social Media wie auch in den Stellenbörsen und Kontaktplattformen zugreifen können. Von der Idee zur Umsetzung und Veranstaltung hat es bei School und Play bspw. weniger als 3 Monate gedauert und war nur durch eine sehr konzertierte Aktion mit einer großen Kraftanstrengung und engagierter Arbeit in vielen, zum Teil auch späten Arbeits- bzw. Abendstunden im Verein realisierbar. Da ich industrielle Zeitskalen kenne, ist das von Idee über Umsetzungsansätze und Realisation wirklich erstaunlich schnell gegangen. Das Interesse an dem Ergebnis ist zudem groß, auch auf Unternehmerseite, was uns in unserem Ansatz bestätigt. Oft ist das ja auch „trial and error“, umso mehr freut uns, dass wir schnell ein attraktives Alleinstellungsmerkmal finden konnten.

Das Gleiche gilt für andere Mikromarketing-Maßnahmen und die Schaffung neuer Angebote für Sponsoren, sowie der Initiierung von baulichen Maßnahmen, wie der geplante Umzug der Geschäftsstelle in das Stadion: ein Gemeinschaftsprojekt mit der Unterstützung heimischer Firmen, Eltern und Freunden.

Ein besonderes Merkmal unserer aktuellen Arbeiten ist unser umfassendes modulares Sponsorenkonzept vom Kleinunternehmen bis zur Großindustrie, mit attraktiven Eingangsschwellen einerseits und direktem Mehrwert für die Bedürfnisse der Industrie mit Zugang zu künftigen Mitarbeitern auf der anderen Seite.

Als besonderes Lob unserer Anstrengungen und Ideenreichtum sei hier angeführt, dass ein Personalchef eines Hidden Champion unser School und Play Konzept als sehr durchdacht und innovativ bewertet hat und ein entsprechendes Paket spontan beauftragt hat.

Wir sind hier also einige Schritte über die klassische Print- und Bannerwerbung, die natürlich auch eine wichtige Säule im Marketingmix ist, hinausgegangen und orientieren uns dabei an den Bedürfnissen und Herausforderungen unserer Partner.

Die Demographie, das heißt der dramatische Rückgang der Zahl junger bzw. jugendlicher Absolventen, Schulabgänger und somit potentieller Arbeitnehmer, auch in Siegen-Wittgenstein, bei der Datenanalytiker in den kommenden 10 Jahren von einem Defizit von rund 30.000 Fachkräften in der Region ausgehen, zeigt das ganze Ausmaß und die Dramatik des "War of Talents“.

Als Verein mit einer sehr großen Zahl an potentiellen Absolventen und Lehrlingen, Studenten und Absolventen, insbesondere in Partnerschaft mit dem TV Jahn Siegen, mit über 1000 Mitgliedern, davon 2/3 im Jugendbereich, schafft hier für Unternehmen daher einen attraktiven Zugang zu einer bedeutsamen Zielgruppe.

Zudem erhoffen wir uns Synergieeffekte mit der Stiftung der Fam. Utsch, „Anstoß zum Leben“, die ihren Platz ebenso am oberen Leimbachtal finden wird. Da hier regionale Talente und besonders die aktive Zusammenarbeit der Vereine im Jugendbereich gefördert und unterstützt werden sollen, wird dies auch einen positiven Einfluss auf und für die Arbeit der Sportfreunde Siegen nach sich ziehen, denn da wo Menschen sind, werden sich auch weitere engagierte Unterstützer finden.


6. Was glauben Sie ist der Markenkern der Marke Sportfreunde? Gibt es diesen Markenkern überhaupt?

Natürlich gibt es den! Das können Sie an den, wenn auch etwas älteren Umfragen aus dem Jahre 2011 bspw. der Infratest Dimap sehen. Danach waren in einer bundesweiten Umfrage die Sportfreunde Siegen bekannter als die Krombacher Brauerei oder Peter Paul Rubens.

Der Vereinsname und seine Errungenschaften und Leistungen der Vergangenheit hat durch die über 100-jährige Historie des Vereins den unverwechselbaren und nicht austauschbaren Markenkern aufgebaut: erfolgreicher Fußball „Made in Siegerland“. Insbesondere die Amateurmeisterschaft 1955, mehr aber noch die Zeiten der 70er in der Regionalliga, also Zeiten in denen die Regionalliga der 2. Bundesliga entsprach und man einen Schnitt von über
8000 Zuschauern hatte. Partien gegen den damaligen Bundesligaabsteiger Borussia Dortmund vor 22000 Zuschauern, was heute kaum einer der jüngeren Fans mehr weiß. Schillernde Namen wie Gerhard Neuser, Gerhard Scholtyschick und andere. Und das weit vor dem Aufstieg 2004/2005 in die 2.Bundesliga, der heute als höchste Errungenschaft, vielleicht zu Unrecht, angesehen wird. Eine Besonderheit war schon in den 70ern, dass vor allem auch regionale Talente vor heimischem Publikum ihre Erfolge feiern konnten und Herbert Schäfer und Gerhard Neuser in Siegen genauso bekannt waren, wie „auf Schalke“, wo Gerhard Neuser bspw. 5 Jahre aktiv war. Aber auch jüngere Geschichte, Namen wie Bettenstaedt, Nemeth, M. Heller, und vor allem auch Norbert Dickel und Patrick Helmes sowie Florian Kringe, haben viel für die Marke Sportfreunde Siegen getan.

Hier darf vor allem aber auch nicht vergessen werden, dass dies nur mit einem starken persönlichen und finanziellen Engagement von Manfred Utsch möglich gemacht wurde. Mit seinem global agierenden Unternehmen hat er direkt und indirekt zur Bekanntheit der Sportfreunde und der Stadt Siegen beigetragen. Für seine Firma war dies aber auch sicher ein Vorteil, eine klassische Win-win-Situation.

Der Markenkern ist vor allem mit Tradition, Erfolg, einer zeitweise zum Glück immer wieder vorhandenen, regionalen Geschlossenheit verbunden. Herausragend ist die Jugendarbeit, welche in Südwestfalen als erfolgreichste bezeichnet werden darf und ebenso überregional für den Namen „Siegen“ Werbung macht.

Diese Arbeit findet in vielen Bundesligavereinen Beachtung und nicht wenige Spieler schaffen in ihren Jugendjahren den Sprung zu einem Bundesligisten. Danach sogar, wie zuletzt Patrick Helmes, bis in die Nationalmannschaft.

Trotz der, wie in allen anderen über 100-jährigen Historien vorkommenden Phasen von Querelen, Misserfolgen, Unruhen, Insolvenzen und Anfeindungen ist das, was den Verein zu einer echten Marke macht bis heute lebendig: Nämlich ein starkes Stück Siegerländer Erfolgs-Geschichte!

Diese gilt es nicht nur zu erhalten, denn Tradition ist im Siegerland ein Teil der eigenen Identität und daher für uns alle eine anzunehmende Pflicht diese Traditionen fortzuführen.

Im kommenden Jahr feiert der Verein sein 120-jähriges Bestehen. Wenn mir jemand ankommt mit flüchtigen Erfolgen von mitunter eher künstlichen Vereinen deren Produkt lange Zeit nur der Seniorenbereich ist bzw. war, kann ich persönlich damit wenig anfangen, denn diese Vereine stehen ja noch am Anfang einer auch sie bewegenden Geschichte, die auch noch sportliche Tiefen, Gegenwehr und Niederlagen sowie Abstiege kennenlernen wird . Es tut mir als Sportfan weh, wenn ich sehen muss, wie Tradition in Aachen mit seinem Tivoli und anderswo quasi über Nacht verdampft, wenn spielerisch gute Vereine mit toller Jugendarbeit wie bspw. der TSV Marl-Hüls vom Radar verschwinden, weil einzelne Sponsoren die einzige tragende Säule waren und deren unternehmerischer Misserfolg einen ganzen Verein in den Abgrund reißen kann.

Ich möchte aber nicht Äpfel mit Birnen vergleichen sondern Zyklen und Analogien, denn manch einer wird sich dann sicher überrascht die Augen reiben, wenn er sich mit Traditionsvereinen auch in der 1., 2. und 3. Bundesliga und deren bewegten Leben einmal genauer beschäftigt hat.


7. Planen Sie eine neue Positionierung der Sportfreunde? Oder ist das selbst durch gezieltes Marketing nur schwer umsetzbar?

Das ist eigentlich nicht nötig, da wie beschrieben sehr viel gute Substanz, eine lange und erfolgreiche Tradition und eine besondere Kultur vorhanden ist.

Zudem hat der Verein etwas, was man nicht neu machen kann, weil es das Flair des eigenen Innenlebens und gelebter und zuweilen auch vererbter Kultur ist. Da ist das Leimbachstadion, ein "richtiges Stadion“ was 2. Liga-Auflagen erfüllt, direkt in der Stadt, also Atmosphäre, Fankultur, angrenzende Trainingsplätze wo 5-6 Mal die Woche geschwitzt und gerackert wird. Bratwurst, Bier, Fahnen, Gesang und Emotionen, das kann sich nur in vielen Jahren entwickeln, ebenso hoch motivierte (Jugend-)Spielerinnen und -spieler, Leidenschaft auf und neben dem Platz.

Positionieren werden wir uns von Innen, der „Mitmachverein", der Verein indem ich als Familie, Freund, Sponsor mitgestalten kann. Der Verein der sich um alle, von Bambini bis Seniorenspieler kümmern wird, um den Sport genauso wie um das Ehrenamt, die Gemeinschaft und vor allem auch die Perspektive der Mitglieder, also auch um Weiterbildung und Beruf.

Langfristig, nachhaltig, kooperativ.

Ein Verein der den Wert seiner Fans kennt, schätzt und diese motivieren wird beim Aufbau und Ausbau mit anzupacken, mit zu gestalten. Ein Verein, der Sponsoren neue Produkte anbieten wird, um sich sozial und unternehmerisch zugleich zu engagieren und denen wir Chancen bieten auf einen großen Pool an potentiellen Arbeitnehmern „zuzugreifen“, auch und vor allem mit anderen Kooperationen und Partnern.

Sportfreunde Siegen wird auch das Thema Kooperation, sowohl lokal, regional und überregional weiter vorantreiben und damit seinen Markenwert aufwerten.

Wir werden dies ruhig, besonnen, realistisch und nachhaltig aufbauen.

Wenn man sich etwas aus der Vergangenheit vorwerfen muss, dann sind es die eigenen Appelle und Aufrufe zur Erneuerung, zum neuen Weg, zum „jetzt wird alles besser, alles neu“. Das ist für den Relaunch nichts Ungewöhnliches, aber oft schier unmöglich umzusetzen.

Unsere Währung wird sein: Zuverlässig, nachhaltig, bescheiden aber zugleich aufbauend zu sein. Daran müssen alle mitwirken, denen dauerhafte Werte der Vergangenheit etwas bedeuten und die bereit sind einmal alte Zöpfe abzuschneiden und den Blick nach hinten zu unterlassen.

Das ist ohnehin mein persönliches Credo: „Unternehmen statt unterlassen!" oder wie es eine Siegener Bundestagspolitikerin im Wahlkampf auf den Punkt brachte: „Net schwätze, mache!“.


8. Die Zuschauerzahlen in der Oberliga sind natürlich nicht so gut, wie in den früheren Zeiten. Was wollen Sie tun, damit die Sportfreunde im Leimbachstadion wirklich „never walk alone“ unterwegs sind?

Unsere Zuschauerzahlen von etwas knapp unter 1000 lassen sich auch für Oberligamaßstäbe durchaus sehen. Manch Regionalligaverein wäre froh über diesen Schnitt.

Natürlich ist das alles immer leichter, wenn der sportliche Erfolg da ist.

Den haben zurzeit andere Vereine in der Region und sollen auch zurecht dafür gelobt werden. Denn auch da wird gute Arbeit gemacht und viele Spieler der Sportfreunde, oder bei uns ausgebildet, tragen dort maßgeblich zu den Erfolgen bei. Für jeden, der die Region erfolgreich nach außen vertritt, gibt es meinen vollen Respekt. Natürlich schaue ich mir auch Spiele in Kaan-Marienborn, Steinbach und Erndtebrück an, wie auch schon in der Vergangenheit. Als Fußballfan geht es mir immer erst mal um den Sport.

Unsere Seniorenmannschaften sind jung und noch schwankend in der Leistung, bei den Männern wie auch Frauen, aber teilweise schon mit sehr beachtlichen Leistungen und sehr ansehnlichen technischem Fußball, wobei die Frauen aktuell sogar etwas erfolgreicher sind, was uns auch stolz macht, denn da blickt Siegen ja auch auf eine glanzvolle Geschichte zurück.

Auch hier werden wir etwas Zeit benötigen, die wir uns mit den Teams auch gerne nehmen wollen, denn wir haben einen der jüngsten Kader in der Oberliga Westfalen und versuchen jede Saison 2-3 Spieler aus der eigenen Jugend zu integrieren.

Hier kann und muss ein Beitrag der Zuschauer insofern erfolgen, dass sie möglichst zahlreich die jungen Wilden zu Höchstleistungen anspornen, aufbauen, unterstützen und durch ihr zahlreiches Erscheinen die wirtschaftlichen Mittel beisteuern, die helfen den Kader zu halten und weiter zu verbessern.

Das muss bei einem Verein wie Sportfreunde Siegen mit seiner Infrastruktur, vor allem mit Mitteln aus Eintrittsgeldern als wichtigem Faktor zu erreichen sein. Dies darf nicht auf den Schultern einzelner Sponsoren allein abgeladen werden.

Die Mittelbeiträge durch Eintrittsgelder und Merchandising, also Fanartikel, sind dabei natürlich auch ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor für einen Verein. Es muss dabei auch wieder chic werden mit Vereinsfarben das Stadtbild zu prägen, wie es in vielen Regionen Deutschlands normal ist. Sowie sonntags mal mit Freunden oder Familie den Weg für zwei Stunden ins Leimbachstadion zu finden.

Wir werden aber auch Siegen wieder zum Austragungsort attraktiver Freundschaftsspiele machen, ein sehr attraktiver Bundesligist hat uns schon zugesagt, verraten werde ich hier aber noch nichts. Neue Paarungen sind auch für die neue Spielzeit geplant.

Mit Holger Kreuz verstärkt uns zudem ein sehr erfahrener Organisator attraktiver Jugendturniere, so dass in schon naher Zukunft in Siegen im Leimbachstadion regionale Turniere gespielt werden und auch der eine oder andere nationale wie internationale bedeutsame Gast zu Besuch kommen wird. Auch hier werden wir nichts überstürzen, sondern solide unsere Arbeit machen und Taten sprechen lassen.

Mir bleibt die Hoffnung, dass das Umfeld unsere vielfältigen Anstrengungen wahrnimmt, würdigt und seinen Anteil beitragen wird, dass wir in Siegen auch in Zukunft wieder Tradition pflegen und erfolgreich fortsetzen können, vor allem auch unsere regionalen Talente für unsere Stadt und Region um Punkte kämpfen lassen und uns freuen, dass wir als Verein und Region "wieder wer sind“ - eine am Ende sicher befriedigende und vor allem auch lohnenswerte Aufgabe für uns alle!

 - Dr. Dieter Schmitz - Leiter Marketing und Vertrieb der Sportfreunde Siegen (Foto: Privat)

Dr. Dieter Schmitz - Leiter Marketing und Vertrieb der Sportfreunde Siegen (Foto: Privat)

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