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30. Januar 2018

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Insolvenz - Makel oder Chance?

Eine persönliche Bestandsaufnahme von B. Weber

Grundsätzliches und sportliche Situation

Das Jahr 2017 liegt hinter uns. „Wurde auch Zeit“, werden viele sagen, wenn sie auf das 2017 der Sportfreunde Siegen zurückschauen. Musste man sich doch in die zweite Insolvenz nach 2008 begeben. Ein weiterer einschneidender Tiefpunkt, der schmerzt und tiefgreifende Veränderungen nach sich zieht. Man sah die Felle wegschwimmen und jene jubilieren, die sich in unserer Region darüber freuen.

„Die Lommels können es eben nicht“ und „Macht den Laden endlich dicht“, waren nur einige Äußerungen, die man allenthalben hören und lesen konnte. Das Vertrauen bei Sponsoren und Unterstützern ist weiter gesunken. Wer will sich noch mit so einem „Schmuddelkind“ identifizieren? Aber muss man das wirklich so sehen oder birgt eine zweite Insolvenz, die diesmal wohl den endgültigen Schnitt und das Trennen von alten Zöpfen nach sich gezogen hat, nicht auch eine große Chance, wenn man sie denn ernsthaft ergreifen will?

Jeder Unternehmer, der Ähnliches mit seiner Firma durchgemacht hat, müsste doch eigentlich genau wissen wie es läuft. Viele Lieferanten und Kunden wenden sich ab. In so einer Situation ist man froh, wenn es Partner gibt, die einem die Treue halten und wieder auf die Beine helfen. Die einen, die weiterhin Aufträge erteilen, auch in schwierigen Zeiten und die anderen, die als Lieferant mit den für die Produktion notwendigen Vormaterialien zur Stelle sind. Auch wenn dafür eine Unterschrift des Insolvenzverwalters des in der Schieflage befindlichen Unternehmens von Nöten ist. Nur so kann man dem endgültigen Aus entgehen und wieder ins Geschäft kommen. Zum Glück hat der Verein eine ganze Anzahl solcher Sponsoren, die weiterhin daran glauben und dazu stehen, dass die Sportfreunde Siegen als sportliches Aushängschild der Region eine Rolle spielen müssen und auch werden. Nicht zuletzt weil die fußballerische Ausbildung und Betreuung von rund 300 Jugendlichen daran hängt. Und deshalb werden noch weitaus mehr Sponsoren benötigt.  Auch das ist wohl kein Geheimnis.

Hat man aber neuerdings nicht doch wieder mehr zu bieten, was Anlass zum Optimismus gibt?
Da ist eine blutjunge Mannschaft, die, ohne despektierlich klingen zu wollen, aus der Not geboren wurde, mit einem für die Oberliga geringen Etat. Jungs die den Zuschauern einige hochspannende Partien geliefert haben, mit erfrischendem Offensiv-Fußball, Laufstärke und Leidenschaft. Geführt von einem ebenfalls noch jungen aber hochmotivierten Trainer und seinem Team. Der Spaß am Spiel war auf den Rängen des Stadions wieder spürbar. Es gab auch Rückschläge. Aber das ist bei so einem jungen Team gar nicht zu vermeiden. Platz elf zur Winterpause bei zwei Spielen Rückstand. Da kann man doch im Hinblick auf die Gesamtsituation nicht meckern. Trotz Verletzungspech! Und damit konnte man auch nicht wie selbstverständlich rechnen. Diese Mannschaft verdient weiterhin Unterstützung und Vertrauen, denn da kommt noch was. Da bin ich mir sicher. Voraussetzung dafür sind jedoch die Zauberwörter „Geduld“ und „Kontinuität“. Und dazu gehört, dass man dieses junge Team zusammenhalten und bestenfalls verstärken kann. Eine sehr, sehr große Hilfe bei dieser Aufgabe wäre es, wenn man sich nun endlich von der Altlast (Deckungslücke) vollends verabschieden könnte. Niemand kann ernsthaft davon ausgehen, dass ein neuer Unterstützer vom Himmel fällt, der sich als erstes dieser Aufgabe annimmt. Deshalb ist meine große persönliche Hoffnung jenen gewidmet, die schon dabei sind und vielleicht noch mal alle Mittel und Wege sondieren, um dies möglich zu machen und damit den vielen neuen Mitstreitern, die auf ihre Weise in und um den Verein helfen wollen, die Arbeit zumindest ein bisschen einfacher zu machen und die Aufbruchsstimmung zu befeuern. Der andere Weg wäre der von weiteren Kürzungen und Aderlässen, vielleicht auch bei unserem vielversprechenden jungen Team. Das kann man doch nicht ernsthaft wollen und irgendwann wären die Kürzungspotenziale, gerade in Bezug auf die Mannschaft und deren Konkurrenzfähigkeit sicher auch erschöpft.

Die handelnden Personen und deren Aufgaben

Im ersten Kapitel war von dem einen oder anderen neuen Mitstreiter die Rede. Wichtig dabei ist, dass ausnahmslos ALLE, die ihre Unterstützung einbringen, im Vorstand und an anderen Stellen, dies ehrenamtlich tun. Da dies in der Öffentlichkeit nicht präsent ist, sollte jeder versuchen, dies in Gesprächen über SFS zu kommunizieren.

Einer der neuen Mitstreiter ist unser Sportlicher Leiter, Andreas Krämer, der im September 2016 als „Vorstand Sport“ zurück zu den Sportfreunden kam. Als ehemaliger Spieler aus erfolgreichen Regionalliga-Zeiten (1998 bis 2000) jemand mit Stallgeruch, aber auch mit Erfahrung, der im Rahmen seiner Aufgabe nun dafür sorgen muss, dass diese Mannschaft auf Erfolgskurs bleibt und der mit sehr geschickter Hand agieren muss, was den sportlichen Anspruch und die dafür verfügbaren Mittel angeht. Ein weiterhin großer Spagat und wahrlich nicht einfach. Aber ich traue es ihm zu. Seine sehr angenehme menschliche Art wird dabei sicherlich hilfreich sein. Auch wenn hier und da bestimmt knallharte Entscheidungen in diesem Geschäft erforderlich sind. Viel Erfolg Andreas!

Als nächstes wäre Herr Görg zu nennen, der als Mitarbeiter der für das Insolvenzverfahren zuständigen Kanzlei, die Geschicke des Vereins bis zum Ende des Verfahrens professionell und mit viel Einsatz leitet. Das Ziel lautet, aus dem kranken Mann wieder einen gesunden Sprinter zu machen. Raus aus der Defensive und wieder angreifen, aber nie mehr in die alten Fehlermuster verfallen. Dafür waren bisher einige schmerzliche Einschnitte notwendig, was ehemalige Spieler angeht, aber auch an anderen Stellen. Und, wie bereits erwähnt, wird man an diesen Stellschrauben sicher noch weiter drehen müssen, wenn sich die Einnahmeseite nicht verbessert. Ganz klar eine der Schattenseiten der Insolvenz.
 
Unterstützt wird er vom 1. Vorsitzenden, Roland Schöler, der seit seiner Wahl in 2015 ebenfalls alles dafür tut, um den Tanker SFS wieder auf Kurs zu bringen. Fast überall präsent hat er immer ein offenes Ohr für alle Belange. Ein Aufwand, der neben seinem eigentlichen Job oft über das Zumutbare hinaus geht und sicherlich tiefgreifende Einschnitte, auch im Familienleben bedeutet, weil der Tag eigentlich 48 Stunden haben müsste. Dafür gilt es mal, einen großen Dank auszusprechen und ihm gleichzeitig weiterhin Gesundheit und Durchhaltewillen zu wünschen. Verbunden mit der Hoffnung, dass seine Familie es weiterhin toleriert. Roland Schöler ist ein Glücksgriff und für mich inzwischen die „Gute Seele“ des Vereins. Bei vielen merkt man erst, was sie geleistet haben, wenn sie es mal nicht mehr tun. Möge das in weiter Ferne sein. Letztlich gilt aber der Respekt dem gesamten Vorstand, der nun gefragt ist, die Schieflage zu beenden und sich dabei strikt an dem neu eingeschlagenen Weg zu orientieren. Ein Umdenkungsprozess in allen Bereichen des Vereins, dem sich ALLE unterordnen müssen.

Die Geschäftsstelle mit Jule Hoffmann und ihren Helfern soll nicht unerwähnt bleiben. Denn auch hier hat durch das Ausscheiden von Jens Schneider ein gewisser Aderlass stattgefunden, der aufgrund der Situation auch nicht durch eine Vollstelle kompensiert wird. Jule ist schon lange dabei und ich wünsche ihr, dass sie die Aufgaben, die dort zu erledigen sind, auch zukünftig im Griff hat.

Der aktuellste „Neuzugang“ für die mit Priorität zu behandelnde Aufgabe „Außendarstellung, Marketing und Sponsoren“

Im Reigen der personellen Ausstattung im Vorstand möchte ich last but not least noch etwas zu unserem aktuellsten „Neuzugang“ sagen:
Dr. Dieter Schmitz, der den Vorstand in Sachen Marketing und Vertrieb seit Dezember 2017 unterstützt. Auf diesem Gebiet klafft nun schon seit geraumer Zeit ein tiefes schwarzes Loch. Viele Versuche, dieses erfolgreich zu stopfen, sind fehlgeschlagen, obwohl die Gewinnung von Sponsoren aber auch die „Pflege“ derer, die schon im Boot sind, wohl zu den wichtigsten Aufgaben gehört, die es zu erfüllen gilt. Seines Zeichens selbständiger Unternehmensberater, der sich aus freien Stücken für ein Leben und Wirken in seiner Heimatregion entschieden hat, aber auch überregional tätig ist und zudem langjähriger Besucher der Sportfreunde-Spiele mit Platz auf der Gegengeraden ist, traue ich Dr. Schmitz da eine ganze Menge zu. Wer mal mit ihm gesprochen hat, stellt schnell fest, dass man es mit einem positiv nach vorne denkenden „Energiebündel“ zu tun hat. Humorvoll und zielstrebig sind zwei Attribute, die mir sofort einfallen und die durchaus ansteckend wirken können. Mit umfangreichen Beziehungen in der Unternehmerschaft, auch über unsere Region hinaus, verspreche ich mir durch ihn eine ganz neue, seriöse und erfolgreiche Ansprache der Sponsorenlandschaft und die Entwicklung von Ideen, die potenziellen Unterstützern eine echte Win-Win-Situation bieten und Sportfreunde Siegen damit zu einem langfristigen, erfolgreichen Partner machen. Vielleicht muss man dafür auch mal ein paar verkrustete Handlungsmuster aufbrechen und ganz neue, in den Augen mancher vielleicht unkonventionelle Wege gehen und über den Tellerrand der Region hinausschauen. Viele werden sagen, dass wir das alles schon unzählige Male hatten. Uni-Professoren, Marketing-Agenturen usw., die so schnell verschwunden waren, wie sie gekommen sind. Aber im Zuge des tiefgreifenden Veränderungsprozesses, dem der Verein gerade unterliegt, würde ich sagen, dass man sich hier wirklich einen Mann ins Boot geholt hat oder besser ausgedrückt, dass jemand zugestiegen ist, der an diesen Verein glaubt, der weiß wovon er spricht und ihn wieder zu dem machen will, was er über viele Jahre war: DAS Aushängschild unsere Region! Deshalb hat er in meinen Augen einen Vertrauensvorschuss und vor allem ein offenes Ohr, auch und vor allem bei unseren heimischen Unternehmen, verdient. Ich würde mir wünschen, dass man hier eine langfristige Zusammenarbeit verfolgt

Wenn man sich nun all diese Punkte vor Augen hält und auf die Frage zurückkommt, die in der Überschrift dieses Kommentars steckt, dann würde ich sagen, dass die Chancen, die sich aus dieser erneuten Insolvenz ergeben, weitaus größer sind als der damit verbundene Makel. Ein Makel übrigens, den sich viele höherklassige Vereine in ähnlicher oder schlechterer Situation gar nicht als Schuh anziehen. Wenn alle mitziehen, wenn man sich nun endgültig der Fehler aus der Vergangenheit bewusst wird und wenn man wieder anfängt, an den Verein und den Erfolg zu glauben, offensiv nach vorne geht, ohne überheblich oder „von oben runter“ aufzutreten, dann werden bald wieder bessere Zeiten ins Haus stehen. Ich denke, personell sind wir gut dafür gerüstet. Und ich hoffe, dass dies für unsere möglichen und vorhandenen Unterstützer aus der Wirtschaft schnell erkennbar wird, weil der Verein es glaubhaft vermitteln kann. Aus dieser zweiten Insolvenz könnte man also - entgegen vieler Unkenrufe - durchaus gestärkt hervorgehen, wenn der Weg, auf den Herr Görg den Verein momentan führt, eingehalten wird.

Das Umfeld

Neben den Dingen, die in den vorangegangenen Kapiteln angesprochen wurden, sehe ich aber auch Zeichen, die durch die Zuschauer und alle SFS-Interessierten gesetzt werden könnten.

Ein kleiner und doch so wichtiger Anfang könnte es sein, wenn die Stammklientel unserer Zuschauer sich wieder besinnt und zu den Spielen zurückkehrt. 500 bis 700 Zuschauer, das ist nicht die Zahl, die über Jahre die jeweiligen Mannschaften treu unterstützt hat. Wir waren in der jüngeren Vergangenheit mal wenigstens 1.200 bis 1.500 an der Zahl. Und da sollten wir schnell als Minimum wieder hinkommen. Diese junge, ambitionierte Mannschaft hat das definitiv verdient. Natürlich ist Oberliga erst mal ein Rückschlag, vor allem in unser aller Erwartungen. Natürlich fehlen hier die klangvollen Namen, wie RW Essen, Alemannia Aachen oder RW Oberhausen, um nur einige zu nennen. Und eine Insolvenz erstickt auch eine Zeitlang die echte Motivation, weiter ins Stadion zu gehen. Aber wer zuletzt nicht da war, der hat auch gleich schon wieder was verpasst. Es waren Spiele dabei, die wirklich elektrisieren konnten. Spieler wie Björn Jost oder Marco Beier sind Beispiele, an denen man sich orientieren kann. Sie sind hier geblieben und wollen diesen Neuaufbau unterstützen. Und um sie herum wurde eine spritzige Truppe geschart. Warum soll man also als Zuschauer nicht wieder zurückkommen? Vor allem als Stammzuschauer, von denen sich derzeit doch einige stark hängen lassen. Oder anders ausgedrückt: Haben wir denn eine andere Möglichkeit, als nach vorne zu schauen und wieder neu zu vertrauen? Wenn einer darin geübt ist, dann sind es doch die treuen SFS-Anhänger, die in der o.g. Größenordnung eigentlich immer da waren. Die junge Truppe betont immer wieder, dass die Unterstützung der Zuschauer in den Spielen noch ein paar zusätzliche „Körner“ freisetzt. Und das ist es doch, was gebraucht wird. Zusammen mit der aktiven Fan-Szene, die in Sachen Unterstützung vorne weg geht, kann man in der Richtung einiges bewegen. Das hat man nicht zuletzt beim Derby in Kaan gesehen. Und spätestens bis zum Rückspiel im Leimbachstadion sollten alle, die momentan fern bleiben, wieder mit von der Partie sein. Es gilt etwas gutzumachen. Die T-Shirts aus der Fan-Aktion dürften bis dahin allen wieder passen. Dann ist Weihnachten lange genug vorbei. Denn das Motto ist immer noch das gleiche: „In Siegen nur die Sportfreunde.“

Also rafft euch auf Leute, es wird Zeit wieder zu alter Stärke zurückzufinden. Sprecht mit Freunden, Nachbarn und Arbeitskollegen. Motiviert jene, die vor nicht allzu langer Zeit noch dabei waren. Man muss sich mit diesem Verein und den Dingen, die gerade passieren, auch beschäftigen WOLLEN. Dann kann man zu der Erkenntnis gelangen, dass es sich wieder lohnt. Und dabei sollte man nicht nach Norden, Süden und Osten schauen, wo andere gerade mehr oder weniger große Erfolge feiern. Denn dort liegt ein Finanzierungsmodell zugrunde (es wurde zum Teil nur anders getauft), von dem wir uns nun seit Jahren schmerzhaft verabschieden. Ein Scheideweg, an dem andere erst noch ankommen werden. Wir waren der Vorreiter, als es darum ging, nach den Sternen zu greifen und wir sind nun der Vorreiter, der den steinigen Weg von vorne gehen muss. Auch da werden uns andere irgendwann folgen, weil es an zukunftsweisenden Einsichten mangelt! Lasst uns zeigen, wie das geht!

In diesem Sinne,
auf eine erfolgreiche Rückrunde und einen Saisonabschluss, der nichts mit den Abstiegsplätzen zu tun hat. Und auf den Erfolg aller Beteiligten, die sich jetzt für diesen Verein einsetzen.

Forza SFS!

 - Foto: Verein

Foto: Verein

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